22 Oktober 2003

Vino per un mondo piu roseo

Heute ist Mittwoch und deshalb haben die Supermärkte nachmittags zu. Aufgewacht schon gegen 7:30 Uhr (der alte Rhythmus: spät ins Bett und nach recht wenig Schlaf recht früh wieder raus - muss dringend unterbrochen werden, das hier ist Urlaub). Keine Allergieanwandlungen. Frühstück um 9:30 Uhr, dann an der Doktorarbeit gearbeitet. Rückblickend war die Reisevorbereitung hervorragend, das Einzige was ich vergessen habe war Seife und sowas gibt es ja auch im Supermarkt (sogar mit Champagnergeruch). Ansonsten ist alles da. Gewöhnen muß ich mich erst daran, daß ich morgens ein Fenster aufmache und es draussen völlig still ist. Kein Hintergrundrauschen wie in der Stadt. Allerdings hat sich die Erfindung der Motorsäge auch bis hierhin rumgesprochen. Morgens Telefonat aus Aachen, dass Vaddern am 2. November per Hapag Lloyd für 69 Euro nach Pisa kommen möchte. Rücksprache mit der signora, alles kein Problem. Flüge von Italien nach Deutschland kosten allerdings hier gebucht mehr als 300 Euro. Kurzer Anruf vom Handy daß das geht, weitere Kommunikation aber besser und billiger per Internet. Anrufe aus Deutschland kosten 3 Cent pro Minute. Mit ständiger Stromversorgung schaltet unter Linux der Laptop auch nicht ab. Ist aber nicht so gut für die neue billige Batterie von eBay von "Any Batteries" aus China, die fehlerfrei funktioniert. Die Katze vom Nachbarhaus begegnet mir kurz, ist aber eher an Olivenhaine gewöhnt als an streichelnde deutsche Touristen und deshalb scheu. Immerhin lässt sie die hier überall herumlaufenden Hühner vom Nachbarhaus in Ruhe. Später gesellt sich eine zweite, ähnlich scheue Katze hinzu (Beschreibung der signora für die beiden Katzen: "gatti antipatici"). Gegen 12:30 Uhr zum Mittagessen und auf der Suche nach einem Internetcafe von einer Liste, die ich in Florenz bekommen habe, nach Figline Valdarno und dann Richtung Montevarchi. Dort ein Panino und einen Cappuccino, aber die gesuchte "Union Bar" ist den Einheimischen kein Begriff.

Während ich den Cappuccino trinke kommt ein älterer Italiener aus dem Fernsehzimmer der Bar und bestellt einen Rotwein. Er kriegt ein Glas, das er in einem Zug austrinkt. Dafür muss er 50 Cent bezahlen, was der junge Kellner der übrigen Kundschaft sehr deutlich macht. Das sind noch Preise! Die Supermärkte sind tatsächlich alle zu, inklusive dem LIDL auf der Jagd nach Pflanzenöl. Zweiter Versuch in Loro Ciuffenna, einer kleinen sehr verwinkelten Stadt an einem Berghang. Dort hat zwar das "Caffe Centrale" auf, ist aber kein Internet-Cafe mehr. Italiener scheinen nicht viel Wert auf Aktualität ihrer Listen zu legen. In der Nähe sind dann noch zwei Internet-Cafes in Greve und zwei in Siena, die es vermutlich auch nicht gibt. Insgesamt also erfolgloser Nachmittag. Leichte Kopfschmerzen. Zurück gegen 15:30 Uhr, dann Arbeit an der Arbeit. Insgesamt unzufrieden mit dem Fortschitt. Abends wieder zur Familie, die Schwiegertochter kommt hinzu und läßt sich mühsam überreden, auch eine Kleinigkeit mit zu essen. Sie arbeitet in einem Klamottenladen oder einer Kleiderfabrik in Montevarchi, kennt aber die "Union Bar" auch nicht. Als Vorspeise serviert die etwas gestresste signora, die nicht ganz auf dem Damm zu sein scheint, ein sehr gutes Risotto, was besonders ihrem Mann überaus gefällt. Wegen des trockenen Jahres leider keine selbstgesuchten Pilze im Risotto. Danach paniertes Geflügel in kleinen Stücken mit gerollten Gemüse"rouladen" in Tomatenmark gebacken. Anschließend die Überreste des Kuchens, den Freunde von Sohn und Schwiegertocher am Vorabend zum Fernsehgucken mitgebracht haben. Dazu wie immer leckerer Rotwein. Die signora kocht sehr gut und behauptet, dabei nur ökologische Zutaten zu verwenden. Sie und ihr Mann sind was essen angeht verwöhnt und erzählen von seinem letzten Geburtstag, zu dem sie mit Sohn und Schwiegertochter einen Tisch in einem besonders guten Restaurant in der Nähe gebucht hatten. Sie hätten alle vier nichts von dem essen wollen, was sie serviert bekamen. Ein früher Rückzug schien mir heute angebracht, daher schon gegen 9 Uhr die paar Schritte zurück bei leichtem Regen. Noch etwas gelesen und gegen 10 Uhr ins Bett. Zur Vorbereitung zu Gaddis "Fälschung der Welt" zwei Rezensionen gelesen, Buch dann doch zu dick um noch anzufangen.

Nachts wach weil Kopfschmerzen und allgemein etwas unklares Befinden und trockener Hals, da ich die Heizung durchlaufen lassen muss. Ich komme mit den italienischen Bettdecken nicht zurecht, die aus einer Wolldecke mit lose darumgeschlagenem Bettbezug bestehen und die ich nachts in Teile zerlege und in alle Richtungen zerstreue. Irgendwann wache ich dann mit der Wolldecke im Gesicht auf und muß nießen.