16 Januar 2025

Faenza

Donnerstag. Morgens mit zwei Zügen von Ferrara nach Faenza, Ankunft pünktlich. Vom Bahnhof sind es nur ein paar Schritte zum MIC.
 
Das "Museo Internazionale delle Ceramiche" in Faenza hat die unverwechselbare Aura eines europäischen Keramikmuseums. Man müsste eigentlich mehr Geld investieren, die Sammlungen lohnen sich ja immer, aber die Gebäude sind halt so wie sie sind und Geld kann man auch woanders ausgeben. Ich würde es nicht heruntergekommen nennen, vielleicht altbacken. Auch verdient die Sammlung eine andere, bessere Präsentation.
 
Die Keramiksammlung besteht aus drei großen Teilen.
 
Einmal die frühe asiatische und mittelamerikanische Keramik von vor AD bis ins 17. Jahrhundert. Damit beginnt der Rundgang in einem katakombenartigen Keller. Alles gute und schöne Stücke, auch unter den Aspekten des Handels und der Herstellungstechnologie kundig und ausführlich erklärt. Nur irgendwie finster, auch wenn die Vitrinen beleuchtet sind.

Dann die italienische Keramik vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert. Eigentlich sollte dieser Teil im Rundgang folgen, aber man wird ganz woanders hin geleitet und kommt hier zum Schluss vorbei. Von diesem Subjekt haben sie hier alles, alle Jahrhunderte, alle Herstellungsorte, alles. 
 

Das sind nicht ein paar Vitrinen, das sind Säle oder vielmehr Saalfluchten. Insbesondere ein Saal mit einem fest eingebauten Regalsystem von Vitrinen zeigt eine Überfülle von Exponaten der verschiedenen Produktionsorte und nuancierten Stile des 18. und 19. Jahrhunderts, die von dem interessierten Laien nicht mehr voneinander zu unterscheiden sind. Bis hier sind Gebrauchskeramik und (einzelne) Kunstgegenstände vermischt.


Der dritte Teil zeigt das 20. Jahrhundert, hier unterschieden in Kunst und Gebrauchskeramik. Der geneigte Besucher stopert irgendwie vom Mittelamerika des 13. Jahrhunderts in einen breiten Gang voller Kunst, und das ist richtig richtig gut. Für Keramikkunst gibt es in Faenza jährlich den "Premio Faenza" (wir sind im 63. Jahr) und viele der Gewinner haben ihre Stücke hiergelassen. Man findet (ich muss es so sagen) im weiteren Rundgang einen weiteren riesigen, aber schlecht konstruierten Raum voller atemberaubend schöner Keramik. In einer dunklen Ecke auch mehrere Stücke von Lucio Fontana, eine Schande.
 

 
Mehr durch Zufall und weil die Museumswärterin hier (es sind alles Frauen) aufpasst gehe ich noch einen langen Wendelgang in den Keller hinunter und gelange in einen großen Raum, der mit einem Lichtschacht beleuchtet ganz hell ist und wohl auch als Veranstaltungsort dient. Zuerst arbeitet man sich an einer langen Wand an einer etwas austauschbaren Sammlung entlang, die nach Verwendungsart (Öllampen, Becher, Kerzenhalter und so weiter) sortiert ist. Lässt man dann die Kacheln und Fliesen rechts liegen taucht eine Reihe von Vitrinen mit Geschirr des 20 Jahrhundert auf, jedes Jahrzehnt und jede Stilrichtung eine Vitrine. Die Stücke sind erlesen, ganz außerordentlich gut. Es ist fast so, als sollte man sie nicht finden.
 
Es kommt dann noch viel viel mehr. Sehr spannend eine lange Vitrine mit Photos von italienischen Kunstgewerbeausstellungen des 20. Jahrhunderts, und davor jeweils eine größere Anzahl von Originalen, die auf den Photos zu sehen sind. Unglaublich, was sie alles haben (und woher).
 

Zwei Virtrinen mit Keramik des Futurismus. Sie haben alles.

 
Ganz zum Schluss (oder zu Beginn, offenbar je nach Windrichtung) geht man eine herrschaftliche Treppe hinunter (oder hinauf). Sehr prominent hier gehängt eine riesige Keramik von Burri (von 1993). So verknüpfen sich die Fäden (siehe 6. Januar 2025). So schnell können 10 Tage vergehen.


Erschöpft rette ich mich zu Marianaza.


Bumsvoll die Bude. Die Attraktion ist ein großer offener Grill, der von mehreren Personen bearbeitet wird. Viele Gäste, insbesondere die männliche Varietät, verzichtet dann auch auf Vorspeise oder Nudelgang und lässt sich, gerne auch in Gruppen, Fleischplatten bringen.

Wir selber essen keine Gänse sondern:

Lardo con piadina
Cappelletti in brodo
Costoline di castrato
Wasser
Wein
Espresso
44 Euro

Der Lardo als Vorspeise ist nicht mehr das Wundergerät von vor zehn Jahren oder so. Damals wurden auf dem Grill ein paar Scheiben Weißbrot erst geröstet und dann kurz mit dem Lardo drauf weitergegrillt. Heute kommt kalter Lardo von sehr guter Qualität und dazu warmes Fladenbrot (piadina). Nicht schlecht, ganz und gar nicht, aber das ging früher besser.

Spaziergang durch Faenza, dann Zug nach Bologna. Bologna hat mir noch nie was gesagt und wenn ich Urlaub in einer stressigen Stadt machen wollte dann wäre ich nicht nach Ferrara gefahren. Aber wenn ich schon einmal dort bin dann will ich wenigstens einmal durch die Stadt gehen. Grandios natürlich die piazza de nettuno und die piazza maggiore, wo sie im Mittelalter dem Volk die gebratenen Tiere vom Balkon der palazzi zum Fraß hingeworfen haben bei offiziellen Anlässen. Basilica di San Petronio langweilig, Wappensaal des Archiginnasio nicht zugänglich (aber der sehr hübsche Bogengang im Erdgeschoss schon), dann rumgelaufen. Einer der beiden Torri neigt sich sehr bedrohlich, dunkel und abweisend stehen sie da in der Stadt herum. Wetter super, blauer Himmel, Sonne und kalt.


Abends nur Brot und Käse und Wein in meiner Wohnung.