16 Dezember 2006

Rom zu Fuß

Beim einfachen Frühstück im Hotel erkenne ich schon die Richtung, in die der Tourismus in Rom im Dezember geht: viele Touristen, alles Italiener. Offenbar reist man in Italien erst im Winter nach Rom, im Sommer gehört es den Ausländern. Zwei labberige Hörnchen später (perfekt!) raus aus dem Hotel. Draußen ist es trocken und nicht so warm wie erwartet, vielleicht 12 Grad, anfangs ein wenig düster und diesig aber egal. Nur ein paar Minuten zu Fuß und schon bin ich am nördlichen Ende der "Via del Corso", der Piazza del Populo [Flickr]. In weiser Voraussicht hatte ich mich Tage vorher mit dem "Bauch des Architekten" eingestimmt, aber in Natura übertrifft Rom alle Erwartungen. Da stehen die Zwillingskirchen, und mittendrauf auf dem Platz die 3500 Jahre alte ägyptische Säule, und die Römer streben ihrem Tageswerk zu, nicht gleichgültig sondern seltsam vertraut mit der uralten Kunst, die sie umgibt.

Von hier dann über die "Via del Corso" [Flickr] Richtung Innenstadt, und östlich in die Einkaufsstraßen, und hier gibt es dann wirklich alles was das Herz begehrt: ER bewundert die extravagante Architektur der Geschäfte, SIE die nicht minder phantastischen Angebote - Anzüge und Kleider von großer Schönheit und Geschmack, ein Laden neben dem anderen, und mittendrin die Römer, die das alles gerne in Anspruch nehmen. Alles Fußgängerzone, viel Betrieb, und dann erstmal die Kultur in der Nähe anschauen: Die spanische Treppe [Flickr] (einmal rauf, oben Gerüst, wieder runter) und der Trevi-Brunnen [Flickr] (wenig Touristen, aber große Show). Weiter geht es ziellos und ständig abgelenkt durch die Gassen der Innenstadt in Richtung Pantheon, das schließlich unerwartet von hinten kommend erobert wird, und dann steht es da einfach so rum und sieht aus.

Von außen grandios, von innen grandios, man mag sich wirklich davorstellen und applaudieren. Eine Musikkapelle in greller gelb-blauer Tracht macht das auf ihre Art, sie geben ein Ständchen mit Blasmusik vor dem Pantheon, ist schon Karneval? Sehr hübsch auf jeden Fall, man wundert sich was es alles gibt. Nur wenige Schritte vom Pantheon dann Perfektion in einer ganz anderen Form: das Cafe Sant' Eustachio [Flickr]. Hier gibt es auch bloß Espresso. Bloß besser als die anderen. Frech behauptet der beste Espresso in Rom, da Rom die Hauptstadt Italiens ist also der beste in Italien, da Italien das Land des Kaffees ist also der beste der Welt. Und das glaube ich. Es werden noch viele Espressi werden heute und morgen, jeder Spaziergang der auch nur annähernd an diesem Laden vorbeiführt wird unterbrochen und dann stehe ich da (sitzen kann man ja nicht in italienischen Cafes) und wundere mich und dann möchte ich wieder umziehen aber hier? 2800 Euro kostet das Bilocale (Zweizimmerwohnung) im Zentrum von Rom, nicht etwa im Jahr sondern im Monat, das ist ja wie in London.

Mühsam geht es weiter, ein Mittagsimbiß auf die Hand in einer Pizzeria, und dann weiter an der Schreibmaschine [Flickr] vorbei und dann zum Kapitol [Flickr], auf den grandiosen Platz von Michelangelo, quer durch und auf das Forum Romanum, hier spielte die Musik vor ein paar 1000 Jahren und das merkt man heute noch, auch wenn die Römer etwas moderner angezogen sind als früher.

Von dort wieder zurück in Richtung Via del Corso (Espresso!) und die war mittlerweile für Autos gesperrt [Flickr] und die Römer gaben sich dem abendlichen Spaziergang hin, alle Läden offen, mittendrin ein Fahnenschwenker-Wettbewerb, ein Meer von Menschen, der Himmel nachtschwarz, die Stadt hell erleuchtet. Noch ziemlich lange Zick-Zack [Flickr] gelaufen an den schönen Läden vorbei, dann zunehmend Hunger, also zurück über den Tiber in Richtung Hotel und dort dann in der via Ennio Quirino Visconti, 60 ein unscheinbares Restaurant gefunden, einfache Einrichtung, ein paar Leute saßen schon, also rein und dann wieder mal das italienische Wunder: Parmaschinken mit Büffelmozarella, Risotto mit Pilzen, Saltimbocca mit kaltem gegrilltem Gemüse in Olivenöl und Espresso. Und Wein. Und glücklich. Und zurück ins Hotel (mittlerweile 11 Uhr) und Augen zu.