Wie auch immer, grandios das Innere des Petersdoms [Flickr], recht hell und freundlich für eine katholische Kirche, ganz vorne ein großer Gottesdienst aber da bekommt man nichts von mit. Mittendrin der Baldachin für den Papst, hergestellt aus der eingeschmolzenen Verkleidung des Pantheons, kann man drüber streiten ob das eine gute Idee war. Schließlich noch ein ganz eigener historischer Moment, denn direkt hinter der mittleren, geschlossenen Tür des Petersdoms ist eine unscheinbare Marmorplatte in den Boden eingelassen, ein paar goldene Buchstaben daneben, und da habe ich mich als Aachener dann einfach mal draufgestellt, denn auf dieser Platte stand Karl der Große am 25. Dezember 800, als er in der Vorgängerkirche des Petersdoms zum Kaiser gekrönt wurde, der erste moderne Europäer. Was sind schon 1200 Jahre?
Gut eine Stunde habe ich im Petersdom verbracht und dann wieder raus (linke Tür, Verkehrsregeln beachten) und dann zu der Säulenreihe des Petersplatzes, durchgeschlüpft und zur Pfote zum Vatikanstaat, von zwei Schweizergardisten bewacht. Die habe ich dann auf deutsch um Einlass gebeten und bin in den Vatikan gebeten worden, zum "Campo Santo Teutonico" [Flickr], einem Friedhof im Vatikanstaat. Hier werden deutschsprachige Pilger beerdigt, wenn sie denn in Rom sterben, vor oder (hoffentlich) nach ihrer Messe im Petersdom. Ein winziger, von hohen Mauern umgebener Friedhof, direkt unter dem geradezu drohenden Petersdom, mit Palmen bestanden und ein Ort der Ruhe und des Friedens mitten im Getümmel, im Sommer sicher noch mehr als im winterlichen Rom. Ein exterritorialer Friedhof im kleinsten Staat der Welt (etwas mehr als 550 Staatsangehörige, wobei die Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt sondern durch Ernennung verliehen wird, wäre ja sonst auch schwierig).
Dann vom Vatikan über den Tiber wieder in Richtung Pantheon (Espresso!) und dann in die französische Kirche in Rom, San Luigi dei Francesi [Flickr]. Hier musste ich ein wenig warten denn die Messe wurde gelesen und ganz viele niedliche kleine französische Pfadfinder holten sich ihren Segen ab. Draußen war es aber ungemütlich denn direkt neben der Kirche wirds offiziell und der Staatspräsident war im Anflug, also Carabinieri überall. Also nach dem Gottesdienst wieder in die Kirche, aber warum denn? Nun, da gibt es ein kleines Seitenschiff und da hängen drei Bilder herum, schon seit ein paar Jahren, und da steht man dann davor und hat das Gefühl, dass es sowas nicht ein zweites Mal gibt auf der Welt in dieser Schönheit und Qualität, und da liegt man dann richtig.
Drei Bilder von Caravaggio nämlich, die Berufung des Matthäus, Matthäus mit dem Engel und das Martyrium des Matthäus, gemalt 1600, und Matthäus sitzt da wirklich überrascht berufen, stark beleuchtet, einmalig.
Mittlerweile von Rückenschmerzen geplagt noch ein wenig verweilt in dieser kleinen und schönen Kirche, immer mit Blick auf Caravaggio, dann zu Fuß nach Trastevere, angeblich DEM In- und Ausgehviertel von Rom. Nun ja, vielleicht war Sonntag Mittag nicht der richtige Zeitpunkt aber außer Handtaschen- und Tandverkäufern tat sich da nicht viel, selbst das Mittagessen (Salami und Schinken, Nudeln mit Ragu, Espresso) war mittelmäßig. Hier mag man sicher mal Abends hingehen müssen, und nicht alleine.
Also wieder zurück (Espresso!) - ach Espresso: der Römer hat es ja nicht leicht, denn nicht weit vom besten Espresso der Welt findet er den zweibesten, auf der anderen Seite des Pantheons: Tazza d'Oro [Flickr]. Ebenfalls exzellent, quirliger und großer Laden, hier steht der Müllwerker zwischen den Touristen und genießt den caffe für 70 Cent, auch dieser ein kleines Wunder und ein kleiner Tod. Dann noch ziemlich lang im Zickzack durch die Stadt, es ist Sonntag aber alle Läden sind auf und die Römer kaufen auch fleißig schöne Sachen, als wenn sie diese nicht schon anhätten? Ein Blick ins "Rinascente" [Flickr], das bei Seyfried-Fans bekannte Kaufhaus mit lauter schönen Kleidern, schmiedeeiserne Rundgänge, da bekommt man Lust. Aber irgendwann ist es zu Ende, die Uhr mahnt zur Abreise, also Koffer aus dem Hotel geholt, in die U-Bahn, hier nimmt der Automat zwar mein Geld aber gibt mir keine Karte, also darf ich umsonst rein und dann wieder zu dem allerliebsten vergammelten Vorortbahnhof Tuscolana. Hier Ticket gekauft und dann bei Licht mit dem Vorortzug langsam durch die römischen Vorstädte in Richtung Flughafen, ein Graus! Zuerst steigen die Tamilen aus, dann die Zigeuner, dann der Rest und ein paar Anzugträger gucken verwirrt und wollen zum Flughafen. Draußen Wohnbunker der hässlichsten Sorte [Flickr], dazwischen viel Müll und irgendwie amorphe Gegend, nicht Stadt und nicht Land, ein großes neues Messegelände auch aber so richtig fertig ist das noch nicht, es fährt ein Pendelbus am Bahnsteig ab. Im Flughafen noch den Abschieds-Espresso [Flickr], pünktlich fliegt Lufthansa und bringt mich nach Düsseldorf zurück, die letzte S-Bahn ist abgefahren also Taxi und dann ins Bett und morgen drüber nachdenken.
Rom zum Lesen:
- Giorgio Bassani: "Die Gärten der Finzi Contini" (für Romreisende das Vorwort, aber dann ist man diesem Buch schon restlos verfallen)
- Ennio Flaiano: "Welcome in Rome"
Rom zum Anschauen:
- Peter Greenaway: "Der Bauch des Architekten"
- Jim Jarmusch: "Night on Earth" (Rom)
- Nanni Moretti: "Liebes Tagebuch"
- Ettore Scola: Gente di Roma
- Luchino Visconti: "Rocco und seine Brüder"